Poulenc, Capriccio

Francis Poulenc: Capriccio d’après le Bal masqué

Francis Poulenc hat dieses reizend freche Stück dem amerikanischen Komponisten Samuel Barber gewidmet, den er sehr schätzte. Auf seiner Amerikatournee in den Fünfzigerjahren war Poulenc zusammen mit dem Starpianisten Horowitz zu Besuch bei Barber. Poulenc erinnert sich: »Wunderbarer Nachmittag bei Samuel Barber, der eine Stunde von New York entfernt in einem entzückenden Landhaus wohnt. Ich habe für diesen Musiker genau so viel Zuneigung wie Bewunderung. Horowitz hat mich im Auto vom Hotel abgeholt. […] Nachdem er sich ein bisschen bitten liess, setzt er sich ans Klavier und spielt uns die Sonate von Barber vor […].Diese Sonate […] ist ein bemerkenswertes Werk, sowohl in musikalischer als auch in instrumentaler Hinsicht. Nacheinander pathetisch, verspielt, lyrisch, findet sie in einer Fuge von phantastischer Schwierigkeit ihre Vollendung. […] Sprühend vor Leben, schlägt uns dieses Finale in wenigen fünf Minuten k.o.«

Vielleicht wollte Poulenc seinem Freund Barber zeigen, dass auch er ein Stück schreiben konnte, welches das Publikum in wenigen Minuten k.o. schlägt, das verspielt, witzig, lyrisch, abwechslungsreich, sprühend vor Leben ist. Eine Fuge ist zwar nicht drin, dafür finden sich andere Kapriolen: Zirkusmusik, Anklänge an Vaudevillemusik und Pariser Chansons, schwül-tropische Tangos aus verrufenen Spelunken, die Lieder der Gassenjungen von Paris und eine Autoverfolgungsjagd, wie sie aus einem Schwarzweiss-Gangster-Polizei-Film stammen könnte. Kurzum: der ganze Poulenc steckt drin und grinst uns mit seinem breiten Lachen entgegen.

(Interessant wäre noch, zu erfahren, wie Horowitz Auto gefahren ist …)