Saint-Saëns, Polonaise op. 77

Camille Saint-Saëns: Polonaise pour deux pianos, op. 77

»Ich bin für eine mit Verstand ausgeführte Kunst. Die konvulsivische und unlogische Kunst liebe ich nicht; keines der grossen Meisterwerke ist von solchem Charakter. Der Enthusiasmus hat sie zwar entworfen, aber der Verstand hat sie ausgeführt.«

Dies sagte Saint-Saëns in einem Artikel mit dem Titel »Causerie Musicale«, den er 1879 veröffentlichte. Besser könnte man seine Polonaise nicht charakterisieren: ein Werk der enthusiastischen Konzeption, getragen von grosser Begeisterung – und sie ist zu hören im Stück, welches das Publikum mitreisst! – aber komponiert ist es mit höchstem Kunstverstand, mit einer Klarheit und Genauigkeit, sowohl in der Form als auch im Tonsatz, wie es nur ein Komponist vom Range Saint-Saëns konnte. Und weil er selbst auch ein grosser Pianist war, wusste er, wie man für das Klavier komponiert, er kannte alle pianistischen Möglichkeiten und setzte sie effektvoll, aber immer mit Stil und grossem Geschmack ein.

Auch darüber, wie man Klavier zu spielen hat, äusserte sich Saint-Saëns: »Unnütze Bewegungen der Hände und der Arme, die Verdrehungen des Körpers dienen zu nichts ausser der Lächerlichkeit; man muss dennoch manchmal die Hände ziemlich in die Höhe heben und sie mit Geschmeidigkeit zurückfallen lassen, wenn man die Klangfülle mit einer gewissen Weichheit des Ausdrucks verbinden möchte. Die Geschmeidigkeit, übrigens, ist immer unverzichtbar für den Ausführenden, selbst in Passagen, welche die grösste Energie verlangen.«